Nostalgie vom Anfang des Jahrtausend: Mobiles Internet
Ergänzung 2019:
Die Binnenschiffer gehörten zu den ersten, begeisterten Nutzern mobiler Telefone und Internetzugänge. Sie waren -berufsbedingt und technikbegeistert- immer vorne mit dabei.
Heutzutage sind auch fast alle Landratten mobil online und die Binnenschiffe natürlich ebenso mit modernster Technik unterwegs, von gelegentlichen Funklöchern abgesehen. Der folgende Artikel vom Anfang der 2000er ist also hoffnungslos veraltet, aber äusserst amüsant, um die rasante Entwicklung zu erinnern. Für jüngere, die mit mobilen Funktionen aufgewachsen sind und diese anfänglichen Tücken der Technik nicht kennenlernten, schafft er auch Wissens-Grundlagen.
Mobil Online?
In diesem Web: Unter www.binnenschiffe.de/handy.htm
können Sie als datenreduzierte Version die reine Suchmaske zur Linkdatenbank aufrufen: Wen Sie viel per Handy online sind, empfehlen wir, diesen Link
zu Ihren Favoriten hinzuzufügen, um die etwas datenintensivere Startseite zu umgehen.
(Anm. 2019: Geht immer noch, inzwischen sind aber auch alle anderen Seiten von binnenschiffe.de mobile-optimiert.)
Internet an Bord - Tipps und Informationen
Internet an Bord ist Anno 2000+ im Kommen, aber nach wie vor deutlich teurer und langsamer als an Land.
Als Multimedia-Entwicklerin mit Schwerpunkt Internet,
die fast ausschliesslich an Bord ohne Landanschluss arbeitet, möchte ich hier von meinen Erfahrungen berichten. Das folgende sind persönliche Tips und
Hinweise aus der Praxis mit meinen Geräten - ich erhebe also keinen Anspruch auf technische Hundertprozentigkeit ...
GSM
An die ersten Online-Versuche über das gute alte GSM, die mit einem Datendurchsatz von 9,600 Bps gerade mal - und mit viel Geduld - zum abrufen von emails taugten, erinnere ich mich lieber nicht zu ausführlich. Das GSM-Netz ist jedoch Grundlage der derzeit verfügbaren Techniken, die letztlich nur eine Bündelung darstellen und sollte von daher erwähnt werden. Um "pur" mit GSM online zu gehen, benötigen Sie ein GSM-Internettaugliches Handy (integriertes Modem), Verbindung zum PC per Kabel oder Infrarot, Zugangsdaten des Telefonanbieters.
GPRS
"General Packet Radio Service"
Mit der neuen Generation von GPRS - Handys ist seit ca. 2001 nun eine surftaugliche
Lösung auf dem Markt (Anm.: (GPRS="General Packet Radio Service" - Nicht zu verwechseln mit dem gleichnamigen Navigationssystem). GPRS basiert
auf einer Bündelung des GSM-Signals, quasi in "Päckchen". Auch wenn der Soll-Wert von 57 K (bei meinem Gerät, andere Daten möglich) selten
erreicht wird, ist die Leistung mit einem guten Analog-Modem (56K) vergleichbar. Nach meiner Erfahrung ist der Unterschied zu ISDN kaum gravierend.
Nicht
so vergleichbar sind die Kosten ... Abgerechnet wird zwar nicht nach Zeit sondern nach Datenmenge, was meiner Ansicht nach prinzipiell ein Vorteil ist, da
man nicht für Netzengpässe beim Anbieter mit bezahlt sondern wirklich nur für erhaltene oder versandte Daten. Es entfällt also der "Zeitteufel"
im Hinterkopf. Allerdings sind die Preise pro KB noch unverhältnismässig hoch. Hier lohnt es sich (wie vom Handy sowieso bekannt) die verschiedenen Anbieter
und Verträge in Hinblick auf die eigenen Bedürfnisse zu vergleichen.
Als Geräte sind Handys mit integriertem GPRS-Modem verfügbar, die per Datenkabel oder Infrarot mit Ihrem Computer verbunden werden können. Alternativ gibt es auch PCM-CIA Karten, die direkt in den Laptop einzustecken sind. Die Einwahl erfolgt grundsätzlich über Ihren Telefonanbieter, von dem Sie auch die Zugangsdaten bekommen. Mit den Geräten werden zwar Installations-CD´s geliefert, die aber nicht immer auf dem neuesten Stand bezüglich der Einwahldaten aller Mobil-Telefongesellschaften sind. Meines Wissens wird GPRS bei allen Telefongesellschaften nur in Verbindung mit einem Festvertrag (monatliche Grundgebühr/Bankeinzug) angeboten, also nicht bei aufladbaren (Prepaid) SIM-Karten.
Die Netzabdeckung von GPRS ist in der Regel inzwischen identisch mit der gewohnten Abdeckung beim mobilen telefonieren.
Tips, Erzählungen und Anekdoten zu GPRS
Die recht teuren GPRS-Handys gibt es bei Neuvertrag oder Vertragsverlängerung auch subventioniert. Fragen Sie Ihren Anbieter nach solchen Angeboten z.B. bei sogenannter "freiwilliger Vertragsverlängerung" - von sich aus schlägt er das selten vor ...
Ein hübscher Nebeneffekt von GPRS ist, dass auf dem gleichen Handy, das online geht, noch über GSM telefoniert/angerufen werden kann.
In
der Praxis hat mein Gerät (Siemens M45+M55) damit allerdings leichte Probleme: Lege ich eines von beidem auf, werden oft beide Verbindungen beendet und
danach ist manchmal ein Neustart von Rechner und Handy nötig, um wieder online zu kommen. Von daher habe ich mir inzwischen angewöhnt, bei einem Anruf einfach
das Kabel abzuziehen, dann bleibt die Telefonverbindung erhalten, ich hänge nicht mit dem Ohr am kurzen Kabel über dem Laptop, die Internetverbindung
ist zwangsweise getrennt und kann später problemlos wieder aufgebaut werden :-)
Bei manchen Anbietern kann es lohnen, für kurze Aktionen wie Abruf von E-Mails, den zeitgebundenen GSM-Tarif versus KB-abhängigen GPRS-Tarif gegenzurechnen. Viele GPRS-Handys sind für beide Systeme tauglich.
Zur Netzabdeckung auf dem Wasser: Mit O2 (früher Viag), die ggf. automatisch ins Roaming mit D1 gehen, habe ich auf Rhein und Main sehr gute Erfahrungen gemacht. Die einzigen Netzprobleme konnte ich zwischen St. Goar + Oberwesel entdecken - und der Oberrhein ist für alle Telefone ein Alptraum ... ;-) Etwas mehr Lücken gab es auf Mosel und Neckar. Schleusen sind für Telefone bekanntermassen schwierig, so auch bei GPRS. In den Niederlanden und Frankreich bieten nicht alle Roaming-Partner GPRS, man muss ggf. wählen, hier ist ausserdem natürlich auch ein Blick auf die -oft schmerzhaften- Tarife sinnig. Von der technischen Seite konnte ich aber auch dort ohne grössere Schwierigkeiten mit meinem deutschen Handy im Internet arbeiten. Aus Kostengründen habe ich allerdings inzwischen auch einen niederländischen Vertrag.
HSCSD
"High Speed Circuit Switched Data"
Anfänglich bei E-Plus auch HSMD ("High Speed Mobile Data") genannt, basiert diese
System ebenfalls auf einer Bündelung von GSM und kam etwas eher auf den Markt als GPRS. Es scheint sich in Deutschland aber nicht durchzusetzen (Oder habe
ich etwas verpasst?). Vom Prinzip zwar etwas langsamer als GPRS hat es allerdings den Vorteil, die Bandbreite "für sich allein" zu haben, so dass die
realen Werte wahrscheinlich höher liegen.
EDGE
sieht wie UMTS eine Datenrate von 384 kbit/s vor, hat bisher aber wohl nur in den USA Netzbetreiber gefunden, die es einrichten wollen.
UMTS
"Universal Mobile Telecommunications System"
soll die bisherigen Funknetze ersetzen und Datenraten bis zu 2 MBit/s (in der Fläche
384 kbit/s) erreichen und wird dementsprechend hoch gehandelt. Die Netzbetreiber müssen hierfür jedoch eine neue Infrastruktur schaffen, an der z.Zt. noch gearbeitet
wird. Aber, eine Schwierigkeit, die insbesondere für die Schifffahrt von Interesse ist, möchte ich hier schon nennen: Bewegung resultiert bei dieser Technik in
niedrigeren Datenraten, was sich schon bei Schrittgeschwindigkeit auswirkt. Die Lösungen der Betreiber sind abzuwarten ... ;-)
Satellit
Eine bewegungstaugliche Satellitenlösung
für Internet ist meines Wissens noch nicht zu realistischen Preisen erhältlich.
Gemäss letzten Nachfragen bei den Anbietern von Internet
per Satellit wird von diesen noch von mobiler Nutzung abgeraten, da die Schüsseln ständig neu ausgerichtet werden müssten. In jedem Fall muss bei dieser Technik
gleichzeitig eine der oben genannten telefonischen Internetverbindungen bestehen, da die Satelliten hierüber angesprochen werden. D.h. die Anfrage erfolgt per
Handy, der Download über den Satellit. Wer Lust hat, nach Feierabend mit Kompass an der Schüssel zu hantieren, überwiegend an statischen Liegeplätzen (also
nicht vor Anker) liegt und grössere Datenmengen (z.B. Musik) laden möchte, für den könnte eine dieser Lösungen trotzdem sinnvoll sein.
Wireless Lan
"Drahtloses Netzwerk" - bietet den wohl höchsten derzeit möglichen Datendurchsatz für mobiles Internet. Neue Computer haben die Karten oft schon integriert. Wird in den Niederlanden für die Schifffahrt derzeit im Probelauf, z.B. an grossen Schleusen, regional ausprobiert. Es gibt positive Erfahrungsberichte, aber ein flächendeckender Ausbau mit sogenannten "Hotspots" ist noch weit entfernt. In Deutschland möglich bei Nähe von Flughäfen, Bahnhöfen, grossen Hotels u.ä. - über Hinweise in Zusammenhang mit Liegeplätzen würde ich mich freuen!
Digitales Fernsehen
Setzt sich an Bord immer mehr durch, da es im Vergleich zum Satellit störungsunanfälliger und sehr viel kostengünstiger ist. Der Nachteil ist, dass man nur die Sender des jeweiligen Landes, in dem man sich aufhält, empfängt und ggf. öfter neu Sender suchen muß. Deutschland soll demnächst komplett kostenlos digital abgedeckt sein, in den Niederlanden gibt es Anbieter mit geringer Monatsgebühr, wie z.B. "Digitenne". Eine Nutzung dieser Netze für Internet ist technisch theoretisch möglich, von daher ist zu vermuten dass sich hier in Zukunft neue Anbieter ansiedeln werden. Momentan aber meines Wissens leider noch nicht.Fernsehen via Internet
Finde ich bisher wegen zu geringem Datendurchsatz vom GPRS und mangels günstiger Tarife ("Flatrate") an Bord noch nicht überzeugend.
Varianten um Daten (=Kosten) zu sparen
Nach Möglichkeit benutze ich einen Browser, bei dem ich das Laden von Bildern und anderen Multimedia-Elementen
ausschalten kann. Erst wenn die Seite mit den gewünschten Informationen gefunden ist, lasse ich ggf. die Bilder anzeigen. Komfortabel geht dies z.B. mit "Opera".
Vor dem Laden von Emails inspiziere ich den Server mit einem kleinen Zusatzprogramm und lösche gnadenlos alles, was unerwünschte Werbung oder Spam ist, soweit aus
Absender und/oder Subject ersichtlich. Darüber hinaus habe ich Mails mit Anhängen abfragebeschränkt, d.h. mein Mail-Programm fragt mich bei jeder grösseren Mail,
ob ich diese laden möchte. Bin ich mir unsicher, um was es sich handelt, schreibe ich eine Anfrage an den Absender und lasse die Mail bis zur Antwort -die über
löschen oder laden entscheidet- auf dem Server liegen. Anbei ist dies auch ein zusätzlicher Schutz vor Viren, was aber niemals einen aktuellen Virenscanner
ersetzen darf!
Wer mehr oder anderes weiss:
Zur Veröffentlichung an dieser Stelle für alle - sowie aus eigenem Interesse
freue mich
über jede neue Info & Diskussion zu mobilen Internettechniken.
Hilfe, Fragen und Beratung
zu Ihrem Bordcomputer oder Internetanschluss können Sie gern bei mir anfragen.
(Anm. 2019: Nee, das mit der Technik bei mir fragen vergesst heutzutage bitte mal, aber der letzte Satz gilt weiterhin:)
Auch für andere Medienprojekte in der Schifffahrt, wie z.B. der Erstellung von Internetseiten, lohnt ein Gespräch:
"Schifffahrt in die Medien"
Stand: Sept. 2005
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