Die Binnenschifffahrt ist in der Lage, fast alle Arten von Gütern zu befördern: Vom klassischen schütt- und greiferfähigen Massengut (Kohle, Erze, Düngemittel, Baustoffe, Getreide) über Gefahrengut (Mineralölerzeugnisse, Chemikalien und Gase) bis hin zu Schwergut (Brennkammern, Turbinen, Kessel). Außerdem Stückgut, wobei es sich z.B. um Zeitungspapier in Rollen, Zellulose in Ballen, Holz in Paketen, Eisen- und Stahlwaren handelt. Zusätzlich bietet der moderne Containerverkehr die Möglichkeit, Stückgut zu befördern. So werden pro Jahr schon über 1.000.000 Container bewegt. Sogar sensibles elektronisches Gerät und andere empfindliche Produkte können auf diesem individuell planbaren Weg sicher reisen. Aufgrund der ständig wachsenden Vielfalt der Transportgüter spezialisieren sich auch die Schiffe der deutschen Binnenschifffahrt. Dabei werden sie immer effizienter, sicherer und umweltfreundlicher.
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3.2 Schiffe und Güter der deutschen Binnenflotte
Die deutsche Binnenflotte besteht aus rund 3000 Schiffen: Motorgüterschiffe, Schubboote und Schubleichter in der Trockenschifffahrt sowie Tankschiffe für trockene, flüssige und gasförmige Güter.
10)Binnenschiffe gibt es von 38 Meter bis über 135 Metern Länge. Der Trend zu größerer Kapazität macht die Binnenschifffahrt gerade im Vergleich zur Bahn, besonders aus Kostengründen, immer attraktiver.
3.2.1 Binnenschiffkategorien (nach Bundesverband der deutschen Binnenschifffahrt)
11)Dies sind Großmotorschiffe für Container, Stückgut und typische Massengüter.
Dies sind in der Regel aufwendig konstruierte Doppelhüllenschiffe mit hohem technischen Standard für den speziellen Transport von Chemikalien, Mineralölprodukten und sonstigen flüssigen, gasförmigen, explosiven oder ätzenden Gütern.
Sie bestehen aus einem Schubboot mit bis zu sechs motorlosen Schubleichtern, sie werden für den Transport von Flüssigkeiten, Massengütern und dem Schwerlastverkehr verwendet. Mit einem Ladevermögen von bis zu 16 000 t ist der Schubverband allen anderen Verkehrsträgern weit überlegen. Außerdem können innerhalb eines Verbandes Schubleichter mit verschiedenen Gütern kombiniert werden.
Dies sind zum Beispiel Autotransportschiffe, die bis zu 750 Pkw laden können. Außerdem gibt es speziell konstruierte Silo- und Zementschiffe und die sogenannten RO-RO-Schiffe (Roll-on, Roll-off) für den Huckepackverkehr mit Baustellenfahrzeugen, Lkw-Aufliegern und Traktoren. Durch diese Transportform wird die Strasse direkt entlastet.
M4 - Tabellarischer Überblick über verschiedenen Schiffstypen der deutschen Binnenflotte mit Angabe ihrer Anzahl und Tragfähigkeit (bis 1.1.1996)
|
Schiffsgattung |
Anzahl |
1.1.1994 Tragfähigkeit in t |
Anzahl |
1.1.1995 Tragf. in t |
Anzahl |
1.1.1996 Tragf. in t |
1. |
Motorgüterschiffe für trockene Ladung Tankmotorschiffe Motorschiffe zusammen |
1 677 387 2 064 |
1 679 945 530 673 2 210 618 |
1 590 383 1 973 |
1 607 135 526 227 2 133 326 |
1 479 355 1 834 |
1 522 552 495 887 2 018 439 |
2. |
Schubleichter für trockene Ladung Tankschubleichter Schubleichter zusammen |
1 090 47 1 137 |
962 969 65 173 1 027 233 |
1 126 41 1 167 |
966 421 58 675 1 025 096 |
1 117 40 1 157 |
942 161 66 649 997 810 |
3. |
Schleppkähne für trockene Ladung Tankschleppkähne Schleppkähne zusammen |
136 18 154 |
83 184 6 539 89 184 |
128 17 145 |
77 565 5 689 83 252 |
116 17 133 |
68 758 5 664 74 422 |
1.-3. |
Zusammen |
3 355 |
3 327 574 |
3 285 |
3 241 710 |
3 124 |
3 090 671 |
4. |
Trägerschiffsleichter (Lash) |
106 |
81 581 |
106 |
81 582 |
106 |
81 582 |
1.-4. |
Zusammen |
3461 |
3 409 156 |
3 391 |
3 323 292 |
3 230 |
3 172 253 |
5. |
Bunkerboote |
105 |
14 735 |
105 |
13 991 |
105 |
14 151 |
6. |
Schlepper |
233 |
KW 47 024 |
216 |
KW 46 389 |
212 |
59 505 |
7. |
Schubboote |
310 |
114 675 |
298 |
109 809 |
303 |
150 207 |
8. |
Tages- Ausflugsschiffe |
801 |
Personen- Kapazität 213 547 |
839 |
Personen- Kapazität 218 475 |
846 |
Personen- Kapazität 218 828 |
9. |
Fahrgast- Kabinen |
26 |
Betten- Kapazität 10 597 |
26 |
Betten- Kapazität 3 384 |
25 |
Betten- Kapazität 3 414 |
Die Binnenschifffahrt hat sich mit der Entwicklung von Spezialschiffen genau an die Bedürfnisse der Wirtschaft angepasst. Die meisten dieser Schiffe verkehren auf der wichtigsten Wasserstrasse Deutschlands, dem Rhein.
3.2.2 Beispiele für Spezialschiffe 12)
Die Containerschiffe haben auf dem Rhein eine Revolution ausgelöst, wie zuvor die ersten Schubverbände.
Die riesigen Investitionen, die seit Ende der sechziger Jahre in dieser neuen Umschlagtechnik getätigt wurden, haben im Frachtgeschäft, in der Schifffahrt, in den Häfen, auf der Schiene und Straße einen Anpassungsdruck erzeugt. Die "genormte Kiste" verdrängte das Stückgut. Der Container wird auf Seeschiffen und Binnenschiffen, auf Lastwagen und Eisenbahnwaggons mit ebenfalls genormten Ladeflächen transportiert und in speziellen Containerterminals (Containerhäfen) von genormten Containerbrücken, -kränen, -staplern umgeladen. Der Containerumschlag ist durchrationalisiert, spart Zeit und Personalkosten.
Wichtig ist eine gute Infrastruktur bei den Terminals: Es muss den Häfen als Schnittstelle des Güterumschlags für die Bahn, Lkw und Schiff gelingen, das Zentrum der Logistikkette zu werden und sich in die Dienstleistungsketten zwischen Produzenten und Endverbrauchern einzuklinken.
Die Riesencontainerschiffe gehören zu den größten Vertretern der deutschen Binnenflotte. Es existieren von ihnen drei Exemplare: die Jowi, die Amistade und die Neuburg. Sie sind je 135 Meter lang und bis zu 16,50 breit und haben ein Fassungsvermögen von je 470 Containern (entspricht etwa 235 Lkws).
Die anderen neuen Transportsysteme haben es schwer, mit dem Container zu konkurrieren. Die Ro-Ro-Schiffe (engl. roll on – roll off) zum Beispiel, eine Art "schwimmender Landstrasse" nach dem Muster der "rollenden Landstrasse" der Eisenbahn, sind eine gute Sache. Denn bei diesem "Hucke-Pack-Verkehr" entfällt das Umladen. Die LKWs rollen mit ihrer Fracht einfach auf das Schiff und am Zielhafen wieder herunter, um die restlichen Kilometer zum Kunden mit eigener Kraft zurückzulegen. Aber man sieht die Ro-Ro-Schiffe selten auf dem Rhein.
Die Pontonbauweise nutzt den Schiffsraum für die Ladekapazität voll aus. Sie ist für die Fahrt im Schubverband besonders geeignet, denn sie ist sehr praktisch und platzsparend. Die Pontons fahren ohne eigenen Antrieb, ohne Rudergänger und sonstige Mannschaft. Sie haben keine Aufbauten und keinen Farbanstrich. Somit sind sie pflege- und wartungsfrei. Ihre Bauweise ist besonders billig und wenn sie auseinander zu fallen drohen, werden sie verschrottet. Also sind sie äußerst wirtschaftlich.
M5 - Bilder von Spezialschiffen
3.2.3 Schwerguttransport auf dem Wasserweg
Durch die Zunahme der Einzelgewichte und Abmessungen im Anlagenbau stoßen Straßen- und Schienentransport immer häufiger an ihre Grenzen. Die Binnenschifffahrt ist als alternativer Schwergut-Transportweg besonders geeignet. Hinzu kommt, dass in der Straßenverkehrsordnung vorgeschrieben ist, die Verlagerungsfähigkeit des Transportes auf wettbewerbsfähige Angebote der Binnenschifffahrt, zu prüfen. Dank ihrer Innenabmessungen und Tragfähigkeit sind alle üblichen Trockengüterschiffe für den Großraum- und Schwerguttransport geeignet. Allein in Deutschland sind das 2.500 Schiffseinheiten. Darüber hinaus haben sich einige Unternehmen mit speziellem Equipment (z.B. Ro/Ro Schiffe) auf besondere Kundenbedürfnisse eingestellt.
13)
3.2.4 Modernität der Binnenschifffahrt
Neben ihrer besonderen Vielfalt verfügt die Binnenschifffahrt auch über große und leistungsfähige Reserven, denn sie ist in der Lage, ihr Transportvolumen von einem Tag auf den anderen um 50 bis 80 Mio. Tonnen Güter zu erhöhen, ohne dass größere Baumaßnahmen an Wasserstrassen erfolgen müssen. Dies zeigt deutlich die Fähigkeit des Transportmittels Binnenschiff, sich in kürzester Zeit an die wechselnden Erfordernisse anzupassen.
Ein weiteres Beispiel für die Modernität der Binnenschifffahrt ist, dass sie, um Engpässe, Leerfahrten und unnötige Wartezeiten zu minimieren, die neueste Übertragungs- und Computertechnik nutzt und sich satellitengestützter Kommunikationstechnologie bedient.
14)