Wie alles begannMitte der Neunziger Jahre war das Internet noch nahezu Binnenschiffs-freie-Zone. Es kam auch kaum jemand auf die Idee, danach zu suchen. Das Verb "googeln" existierte noch nicht, stattdessen kämpfte eine bunte Vielzahl von Suchmaschinen um die Gunst der Suchenden. Die Suchergebnisse bezüglich Binnenschifffahrt wahren bei jeder Suchmaschine andere, aber immer dürftig. Denn bei so manchen davon handelte es sich um Webverzeichnisse, in die man sich aktiv eintragen musste. Die Schifffahrtstreibenden hatten natürlich anderes zu tun, als diverse Eintragungsmöglichkeiten zu suchen und auszufüllen. Man war ja schon innovativ, überhaupt eine Webseite zu haben! Das muss anders werden! Ich überlegte also: Wie wird die Binnenschifffahrt sichtbarer?(Eine Frage übrigens, an der die Branche bis heute knabbert. Aber zur fehlenden Lobby gegenüber Bahn, LKW und Bevölkerung an anderer Stelle mehr - z.B. in meinem Buch Corona Stilblüten.) Sollte, müsste, würde, damit kommt keiner in den Hafen. Was kann ich selbst konkret dafür tun?, fragte ich mich also in den Neunzigern. Die simple Antwort: Das, was ich als als Webentwicklerin am Besten kann. Eine Webseite machen, die die anderen Webseiten verbindet. Und dadurch die Binnenschifffahrt auffindbar macht. Ich reservierte mir die Domain binnenschiffe.de und stellte eine kleine Seite online. Am Anfang war das eine simple Linkliste, von Seiten die ich sowieso bereits kannte, sowie in den diversen Suchmaschinen spontan zusammengesucht hatte. Das wurden immer mehr. Irgendwann wurde es unübersichtlich, der erste Umbau stand an. Der bestand damals noch in einer Aufteilung auf mehrere Seiten, mit alphabetische Sortierung, von Hand verlinkt. Schon bald meldeten sich auch, ganz von alleine, die ersten Landratten bei mir per E-Mail. Manchmal für Infos, doch meist mit der Frage, ob man nicht irgendwie auf einem echten Binnenschiff mitfahren könnte? Von der Linksammlung zum automatischen SchiffseintragMit der Nutzermenge des Internets explodierte auch die Anzahl Schifffahrts-Seiten. Die manuelle Pflege der Link-Sammlung wurde immer aufwendiger, und gleichzeitig wurde meine Freizeit beruflich immer knapper. Das muss anders werden!, dachte ich - ähem, mal wieder. Und wenn ich das denke, ändere ich gewöhnlich auch was. (Das kommt wohl vom praktischen Schifferdenken, das selten Aufschub oder Grübeleien duldet: Problem bemerken = Problem lösen. Sonst bleibt der Zosse nämlich liegen oder havariert womöglich, und beides ist teuer.) Ich erweiterte meine Programmierkenntnisse, suchte eine schlanke, datensparsame Datenbankgrundlage und schuf die neue Oberfläche mit Suchfunktion für binnenschiffe.de. Dank der jeder selbst sein Web
eintragen und seinen Eintrag bearbeiten konnte. Das taten sie aber eine Weile später. binnenschiffe.de war - und ist - schließlich ein reines Freizeitprojekt, für die Lobby der Binnenschifffahrt. Den nächsten Automatisierungsschritt erforderten die vermehrten Anfragen für Mitfahrten. Ansonsten hatte ich nichts mehr damit zu tun und es lief ohne Verzögerung an mir vorbei. Sehr erholsam. Binnenschiffe.de überdauerte LebensphasenDie Schnelllebigkeit dieses Jahrhunderts macht das nicht immer einfach. Mehr Spaß hatte ich mit der, kurz darauf schon wieder dringenden, kompletten Überarbeitung, bei der ich alle Seiten für mobile Geräte optimierte. In 2019 begonnen, ist das jetzt in 2020 noch immer nicht ganz abgeschlossen. Aber so ist die gute, alte Seite erst mal wieder eine Weile fit für die Zukunft. Optisch verbessert, doch noch am Alten angelehnt, und technisch auf dem Stand von heute. Amüsant daran, dass ich quasi eine Phase der Webentwicklung komplett übersprungen habe. Meine Prognose, back to the small-data roots, war also eingetroffen. Google sei Dank. Auch im Namen aller Kollegen, die keine Kabeltrommel hinter ihrem Schiff herrollen können, sowie aller anderen reisenden Berufe. (Ein Umstand, der mir nebenbei bis heute den Festnetzanschluß erspart. Auch jetzt in der Landwohnung - wozu extra Kosten, wenn es all die Jahre ohne ging?) Bei mir ist die Zeit vielleicht ein wenig stehengeblieben. Aber nicht in allem. In anderem bin ich wohl so manchen jungen Leuten (auch technisch) voraus. Sind Binnenschiffer altmodisch?Auf gar keinen Fall! Aber ... sind Binnenschiffer nicht doch ein klein wenig traditionell?Nun ja, ich kann natürlich nicht für alle sprechen. Jedes Individuum ist anders. Aber das Wesen des Binnenschiffers ist tatsächlich recht häufig so eine seltsame Mischung von Tradition und Moderne. Auf fahrenden Inseln entwickeln sich wohl ganz eigene Arten von Menschen, vielleicht eine Art Evolution im geschlossenen System? Persönlich mag ich das sehr: Die Freiheit, aus allen Zeiten der Geschichte und Gegenwart jene Anteile zu wählen, die einem gefallen, oder zu einem selbst passen. (Was bei der fortschreitenden Bürokratie sowie Zwangsdigitalisierung nicht mehr überall frei wählbar ist.) Aber das hier jetzt im Detail zu erläutern, würde zu weit führen. Dies thematisiere ich schließlich hier und da in meinen Büchern.
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Gute Reise! |